Parodontose – Parodontitis?

 

Zwei Begriffe, die in aller Munde sind – aber das zum Glück in den meisten Fällen nur im bildlichen Sinne. Und trotzdem wissen nur die wenigsten, wovon die Rede ist, spricht man von Parodontose oder Parodontitis. Im Laufe des Lebens ist es eine vollkommen normale Erscheinung, daß sich das Zahnfleisch langsam zurückzieht, die Zähne also optisch “länger” werden. Die ausgeprägte Girlandenform des Zahnfleisches mit den Zahnfleischdreiecken in den Zahnzwischenräumen findet man normalerweise nur im jugendlichen Gebiß bis zum 40. Lebensjahr. Danach zieht sich das Zahnfleisch mehr und mehr zurück – Spalten im Zahnzwischenraum entstehen, bis im Alter der ehemals girlandige Verlauf des Zahnfleisches vollständig einem geraden Zahnfleischwulst gewichen ist, aus dem die einzelnen Zähne ragen. Und tatsächlich ist es nicht das Zahnfleisch selber, sondern vielmehr der darunter liegende Kieferknochen, der im Laufe des Lebens mehr und mehr abgebaut wird. Das den Knochen bedeckende Zahnfleisch folgt lediglich dieser Bewegung, so daß der Eindruck des “Zahnfleischrückgangs” entsteht, den es eigentlich so gar nicht gibt. Diese vollkommen normale langsame und entzündungsfreie Entwicklung kann man unter dem Begriff Parodontose zusammenfassen. Ganz im Gegensatz dazu steht die Parodontitis. Hierbei handelt es sich um ein Krankheitsbild, das man mit dem einer Infektionserkrankung vergleichen kann. In der Tat handelt es sich hierbei um die bakterielle Besiedlung vor allem des Zahnhalteapparates. Das sind die Fasern, mit denen jeder Zahn sozusagen im Knochen aufgehängt ist. Es kommt zur Zerstörung der Fasern, anschließend des Knochens und somit wiederum zum “Zahnfleischrückgang”. Im Gegensatz zur Parodontose ist dieser Abbau aber ungleich schneller und normalerweise auch nicht regelmäßig. Oftmals kommt es zur Kraterform des Knochens, so daß die Zähne nur noch mit den Wurzelspitzen wirklich im Knochen verankert sind. Außerdem handelt es sich um einen entzündlichen Prozeß, hervorgerufen durch Bakterien, die auch für die Entstehung anderer schwerer Allgemeinerkrankungen verantwortlich gemacht werden.

 

Verlauf der Parodontitis

Verlauf der Parodontose

 

Aber wie kommt es nun zur Parodontitis und woran erkennt man sie? Gesundes Zahnfleisch hat immer eine blaßrosa Farbe und liegt den Zahnhälsen flach auslaufend an. Der wirkliche Spalt zwischen Zahnfleisch und Zahn ist maximal zwei Millimeter tief. Blut beim Zähneputzen, geschwollenes, rotes Zahnfleisch, starker Mundgeruch sowie übermäßiger Zahnstein und Beläge müssen immer ein Alarmsignal sein. In diesem Fall sollte auf jeden Fall der Zahnarzt aufgesucht werden, um eine eventuelle Parodontitis möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. In unserer Mundhöhle gibt es eine Vielzahl verschiedener Krankheitserreger, die sich ständig auf der Zahnoberfläche, dem Zahnfleisch und besonders den Zahnbelägen (Plaque) ansiedeln. Die durch die Plaquebakterien gebildeten Giftstoffe wandern in das angrenzende Zahnfleisch und bewirken eine Rötung und Schwellung - der Fachmann spricht von einer Gingivitis (Zahnfleischentzündung), welche durch eine gründliche Plaqueentfernung leicht zu beheben ist. Erfolgt diese Maßnahme nicht, so schiebt sich die meist durch Speichelbestandteile verkalkte Plaqueschicht zwischen Zahn und Zahnfleisch, es bilden sich "Taschen", in denen sich die Bakterien noch besser vermehren können, da sie nun von mechanischen Einwirkungen geschützt sind, ein angenehmes Klima und reichlich Nahrung vorfinden. Als Folge davon kommt es zu häufigem Zahnfleischbluten verbunden mit unangenehmen Mundgeruch und Zahnlockerungen - am Ende dieser Erkrankung steht der Zahnausfall. Dabei hängt die Schwere der Erkrankung auch maßgeblich vom Gesundheitszustand und dem körpereigenen Imunsystem ab. Einen zusätzlichen negativen Einfluß haben äußere Faktoren wie Streß, starkes Rauchen und Medikamenteneinnahme. Mittlerweile leiden über die Hälfte aller Erwachsenen an einer mehr oder weniger schweren Parodontitis, meistens unentdeckt. Eine frühzeitige Behandlung der Parodontitis ist deshalb so wichtig, weil der einmal zerstörte Knochen von alleine nicht wieder nachwachsen kann. Bei einer Parondontosebehandlung werden die unterhalb des Zahnfleisches liegenden Beläge und die darin enthaltenden Bakterien entfernt. Die Zahnwurzeloberflächen werden gereinigt und poliert, um eine neue Ablagerung von Belägen zu erschweren. Trotzdem bleibt auch nach erfolgreicher Parodontosebehandlung der Spalt zwischen Zahnfleisch und Zahn in der Regel vergrößert, weil ein Großteil der Zahnhaltefasern ,die diesen Spalt in Richtung Zahnwurzel abdichten, zerstört wurde. Deshalb ist ein einmal durch Parodontitis vorgeschädigtes Gebiß besonders pflegebedürftig, und in vielen Fällen muß die Parodontosebehandlung nach einigen Jahren wiederholt werden in Abhängigkeit von der Schwere der ersten Parodontitis. Nach behandelter Parodontitis ist die regelmäßige Pflege unerläßlich. Konnte man es sich vorher vielleicht noch leisten gelegentlich beim Putzen auch mal zu “schwäntzen”, ist das nun absolut nicht mehr möglich. Manchmal reicht schon ein Tag versäumter Pflege, um den gestoppten Prozeß der Parodontitis von neuem aufflammen zu lassen. Denn da die auslösenden Krankheiterreger ständig in unserer Mundhöhle vorhanden sind, kommt es lediglich zu einem Stillstand der Erkrankung, wenn nach der Behandlung mit konsequenter Mundhygiene und regelmäßiger zahnärztlicher Nachsorge die Bakterienansiedlung verhindert wird Um eine Parodontitis von vornherein zu vermeiden, gilt einmal mehr: das A und O ist eine gute Zahnpflege, denn mangelnde Zahnpflege führt zu einer Bildung von Belägen (Plaque) und Zahnstein (Konkrementen). In beiden siedeln sich Bakterien an, welche sich unter den idealen Bedingungen der Mundhöhle rasch vermehren und durch ihren Reiz zu einer Entzündung des Zahnfleisches führen. Des weiteren ist eine gesunde Ernährung von größter Wichtigkeit. Kohlehydrate und dabei besonders wegen ihrer Klebrigkeit zuckerhaltige Speisen sind das tägliche Brot der Bakterien. Öfter mal rohes Gemüse knabbern kann manchmal Wunder wirken.

 

 


Michael Linneweber